Thai-Boxer

Die Kampfkunst Takeda-ryū

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Tradition dieser circa 800 Jahre alten japanischen Kampfkunst innerhalb der Familie Takeda über alle Generationen weitergereicht. Doch als Ōba Ichio im Jahre 1959 starb, verschwand mit ihm auch die Hauptlinie dieser Schule.

Ein Rückblick in die Geschichte

Die Rebellion der Kumaso fand im Jahre 97 n. Chr. während der Herrschaft von Kaiser Keikō statt. Des Kaisers Thronfolger Yamatotakeru no mikoto sollte deshalb zu einer Strafexpedition aufbrechen. Auf dem Weg dorthin hielt er am Wasserfall Kamiyo an und vollführte eine Reinigungszeremonie. Dabei öffnete er seine Arme, um die Kraft des Geistes zu empfangen. In diesem Moment fuhr die ganze Kraft seines Körpers in seine Fingerspitzen. Es war zugleich der Moment, in dem er den Entschluss fasste, die Kumaso anzugreifen.

 

Als Frau verkleidet, schlich er sich in das feindliche Lager und suchte den schlafenden Anführer auf. Als dieser sogleich in Angriff überging, öffnete Prinz Yamatotakeru no mikoto seine Arme, um erneut die geistige Kraft zu erfahren. Dann warf er den feindlichen Anführer nieder. Seine Technik, die Arme auszubreiten, um den Gegner sodann niederzuwerfen, war der Beginn des Aiki. Um den Palast zu schützen, gab er sein Können an Takeda no kimi no mikoto weiter, mit dem gemeinsam er zu den Schutzpatronen dieser Schule geworden ist.

 

Das Wissen um diese Art zu kämpfen gelangte schließlich bis zu General Minamoto Shinrasaburō Yoshimitsu, mit dessen Namen sie nun verbunden ist. Dessen Sohn Takeda Yoshikiyo (1075–1149) fasste die Techniken systematisch zusammen und unterrichtete die Takeda-Samurai darin. Takeda Yoshikiyo gilt daher als der erste Soke der Takeda-ryū.

 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lehrte Sokaku Takeda eine Abwandlung des Takeda-ryū, das „Daitō-ryū Aiki-jūjutsu“. Ōba Ichio war der jüngste japanische Träger des fünften Dan und machte die Schule sehr populär, vielleicht nicht zuletzt, weil er den Namen von Aiki no Jutsu (合氣之術) in Takeda-ryū Aiki (武田流合氣) änderte.

 

Takeda-ryū Nakamura-ha

 

Doch Ōba starb im Jahre 1959 und hatte es versäumt, einen Nachfolger zu benennen, wenngleich Shihan Moritomo als sein legitimer Nachfolger gehandelt wurde, weil er besonders lange von Soke Ōba als Shihan ausgebildet worden war. Moritomo wollte aber diese Position nicht übernehmen. Schließlich einigte man sich auf Nakamura Hisashi, der nun die Führung der Schule übernehmen sollte.

 

Allerdings verlangte die Familie Sato Geld für diesen Schritt, was Nakamura dazu veranlasste, diese „Ehre“ abzulehnen. Wenige Jahre später setzte er seine eigene Interpretation der Kampfkunst in der Gründung von Takeda-ryū Nakamura-ha um. Dennoch gilt Soke Nakamura in japanischen Fachkreisen als legitimer Nachfolger von Takeda-ryū.

Bekanntwerden in Europa

 

Monika Werhahn-Mees ist die Enkelin von Konrad Adenauer. Im Jahre 1983 lernte sie als erste Europäerin Takeda-ryū von Meister Toyoshima in Tokio. Vier Jahre später eröffnete sie das erste Dojo im belgischen Arlon. Im Jahre 1990 wurde die „European Sobukai Takeda-ryū“ (EST) in Avignon gegründet und 1993 die „International Society for Takeda Budo“ (ISTB). Wiederum vier Jahre später gründete Roland Maroteaux Takeda-ryū Maroto Ha.

 

Im Jahre 2005 erfolgte die Gründung von Takeda-ryū Kobilza Ha durch Siegfried Kobilza. Seit 2009 befindet sich der Sitz der europäischen Vertretung von Takeda-ryū Nakamura Ha in Belgien und seit 2016 war Christian Hausegger in Österreich offizieller Repräsentant von Takeda-ryū Nakamura Ha. Ende 2021 hat er die Sobudo Academy gegründet, über die er seine eigene Interpretation der Kampfkunst via Online-Trainings verbreitet.

 

Im Japanischen wird die Kampfkunst allgemein als Budo bezeichnet, die Kriegstechnik dagegen als Bujutsu. Die Schule des Takeda-ryū wird in sieben Disziplinen (auf unterschiedlichen Niveaus) untergliedert:

 

  • Aiki no Jutsu
  • Iaijutsu
  • Jojutsu
  • Jukempo
  • Kenjutsu
  • Shurikenjutsu
  • Shugijutsu
  • Bujutsuido

 

Graduierungen

 

Es war der Begründer des Judo, Kanō Jigorō, der für Kampfkünste das Graduierungssystem des Go-Spiels mit Dangraden und Kyū einführte. Dieses System ist aber nicht nur ein Sammelsurium von Lizenzen und Graden, sondern es setzt überdies voraus, dass jeder Lehrer oder Meister neben den physiologischen Fähigkeiten auch bestimmte psychologische und philosophische Qualitäten mitbringen muss. Jede Disziplin startet mit dem 8. Kyu, um die Schüler bis zum 1. Kyu voranzubringen. Erst danach gibt es den 1. Dan, der schließlich im 8. Dan gipfelt.